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- Erstellt am Montag, 10. März 2014 10:01
Deutsche Verkehrspolitik – ohne Sinn und Verstand
Das Bundesverkehrsministerium will Daten vom Landesverkehrsministerium, um Planungen für die seit Jahrzehnten umstrittene Bonner Südtangente berechnen zu können. Nichts illustriert besser, mit welch anachronistischen Methoden dieses Ministerium und seine verantwortlichen Politiker seit Jahrzehnten arbeiten – und welch ein Murks dabei herauskommt.
Es ist seit Jahrzehnten bekannt, aber erst seit wenigen Jahren auch vom Bundesverkehrsministerium anerkannt: es besteht ein enormer Sanierungsstau in Deutschland. Teure Infrastruktur verfällt – nicht nur bei Strassen, sondern noch viel mehr bei Schienen. Deutschland ist gemeinsam mit Belarus europaweites Schlusslicht bei den Pro-Kopf-Investitionen in die Schiene: 51 Euro pro Bürger, verglichen mit 350 in der Schweiz. Dennoch wird das wenige Geld, was für Schieneninvestitionen zur Verfügung steht, am liebsten in ziemlich sinnlose, hoch umstrittene und völlig überteuerte Projekte wie Stuttgart 21 gesteckt. Währenddessen müssen Landeshauptstädte wie Mainz tagelang vom Bahnnetz angehängt werden, weil die Stellwerke aus Kaisers Zeiten nicht mehr funktionieren.
Bei den Strassen sieht es kaum besser aus. Das teuerste Autobahnstück der deutschen Geschichte wird gerade in Berlin gebaut, 3 Kilometer A100 für 420 Millionen, hoch umstritten, von Anwohnern bekämpft und auch nach Einschätzung seiner Befürworter ziemlich sinnlos ohne ein anschliessendes, noch teureres Teilstück, das in den nächsten 25 Jahren niemand bauen will. Es gäbe Dutzende weitaus preiswerterer, unumstrittener Verkehrsmassnahmen in der Hauptstadt – doch das Bundesverkehrsministerium besteht darauf, mindestens 420 Millionen Euro für dieses Unsinnsprojekt zu verbauen.
Nun plant genau dieses Ministerium einen neuen Bundesverkehrswegeplan, obwohl die Massnahmen des alten noch nicht einmal zur Hälfte umgesetzt wird. 2012 konnte es bei genau zwei von 180 planfestgestellten Bundesfernstrassenprojekten den Baubeginn finanzieren. Dieses Ministerium klagt schon jetzt, die Länder hätten viel zu viele neue Massnahmen angemeldet, die meisten sowieso sinnlos, und ausserdem sollten 80% der Gelder in den Erhalt und nur 20% in den Neubau fliessen. Das Ministerium hat also viel zu viele von den Ländern gewünschte Projekte, hat keine Ahnung wie sie diese bezahlen soll – und was macht es? Es verschwendet Zeit und Geld mit Planungen für Neubaumassnahmen wie die Südtangente, die schon das Land nicht will und die auch der Bundestag nie beschliessen wird.
Solche Leute machen in Deutschland Verkehrspolitik. Über Stuttgart 21, zerfallende Autobahnbrücken, Bauruinen an Berliner Flughäfen, über den Niedergang der Deutschen Bahn braucht man sich daher nicht zu wundern. Inkompetenz mit System. Die Südtangente wird nie kommen. Die Frage ist, wie lange sich Steuerzahler und Bundesrechnungshof das Treiben in dem überwiegend in Bonn residierenden Bundesverkehrsministerium eigentlich noch bieten lassen wollen.